Der Wohnungsbau ist und bleibt eine Herausforderung für den Staat, da die Nachfrage nach (bezahlbarem) Wohnraum deutlich das Angebot übersteigt. Auslöser der Wohnungsnot hierzulande sind nicht nur steigende Baupreise, sondern auch Lieferengpässe, Materialknappheit und weitere durch (globale) Krisen begleitete Umstände. Dabei sind hohe Mietpreise in Metropolregionen, wie München und Berlin nicht nur ein Luxusproblem, sondern haben insgesamt einen entscheidenden Einfluss auf die soziale und wirtschaftliche Entwicklung.
Was zählt zum Wohnungsbau?
Neben dem Wohnungsbau gibt es den
- Straßenbau
- öffentlichen Bau
- gewerblichen und industriellen Bau
- landwirtschaftlichen Bau
Der Begriff oder vielmehr die Kategorie umfasst Wohnungen, bei denen mindestens die Hälfte der Gesamtnutzfläche Wohnungsbedürfnissen dient. Darin inbegriffen sind Aus- und Umbauten anderweitig eingesetzter Gebäude zu Wohnungen sowie Wohngebäude, in denen einzelne Räume anderen Zwecken untergeordnet sind.
Nicht zum Wohnungsbau gehören der Umbau von Wohnungen in Geschäftsräume oder wenn letztere nachträglich eingebaut werden in Wohnimmobilien. Diese sind folglich dem gewerblichen Bau zuzuordnen.
Die Relevanz des Wohnungsbaus
Jeder Mensch hat gemäß Artikel 11 Absatz 1 des UN-Sozialpakts ein Recht auf Wohnen, welches sich nicht nur auf die Verfügbarkeit der Räumlichkeiten, sondern darüber hinaus auch auf Kriterien wie der Bezahlbarkeit des Wohnraums bezieht. Die Binnen- und Zuwanderung, die die Zahl der Wohnungssuchenden beträchtlich in die Höhe treibt, definiert die Dringlichkeit der Schaffung bezahlbarer Wohnungen.
Mehr Wohnungen, also erhöhte Bautätigkeit, sorgen in den entsprechenden Regionen auch für Wirtschaftswachstum in anderen Sektoren. Klar ist, dass durch den Wohnungsbau Zulieferer- und Dienstleistungsbranchen sowie die Bauwirtschaft im Allgemeinen gefördert werden, da Arbeitsplätze entstehen. Allerdings bedeutet neuer Wohnraum zumeist auch eine erhöhte Standortattraktivität von Stadtteilen und ganzen Städten.
Mangelnder Wohnraum im ganzen Land
Laut Aussagen der Bundesregierung sollen jährlich mindestens 400.000 neue Wohnungen (tendenziell noch mehr) errichtet werden, um der Nachfrage hinterherzukommen und im Zuge dessen das Wohnen auch bezahlbarer zu machen. Diesem aus jetziger Sicht optimistischem Vorsatz konnte nicht annähernd zur Genüge getan werden. Bundesbauministerin Klara Geywitz ist der Meinung, die Realisation trete nicht vor 2024 ein und gibt im Januar 2023 im Interview mit web.de bekannt, dass „Vorfertigung und Digitalisierung“ treibende Kräfte der Umsetzung seien.
Bremsen beim Wohnungsbau
Bereits 2021 konnte die 300.000er-Marke nicht geknackt werden (mit ca. 293.000 Wohnungen), wozu
beigetragen haben. Der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e. V. (GdW) schätzt, dass mittelfristig nur 200.000 Wohnungen jährlich fertiggestellt werden können. Der Anstieg der Erzeugerpreise war laut Statistischem Bundesamt (Destatis) seit 1949 mit dem Beginn der Erhebungen noch nie so hoch gewesen.
Rückgang und Stornierungen
Wegen fehlender Planungssicherheit sind Bauunternehmen und Bauherr:innen zunehmend von Stornierungen oder ausbleibenden Aufträgen betroffen. Das Institut für Wirtschaftsforschung (ifo Institut) gibt preis, dass die Quote der Stornierungen vor der Coronapandemie zwischen einem und zwei Prozent lag und auch danach noch unter fünf lag. In der zweiten Hälfte des Jahres 2022 nahm die Quote Werte im zweistelligen Bereich an (im September 16,7 %).
Während der Neubau sowohl im privaten Sektor als auch bei Unternehmen einen Rückgang erlitt und 2022 141.000 und 147.000 Baugenehmigungen erteilt wurden, ist die Zahl der bewilligten Anträge lediglich im öffentlichen Bereich um rund 17,8 Prozent auf 12.200 gestiegen. Reinhard Quast, Präsident des Zentralverbands Deutsches Baugewerbe (ZDB), betont, dass der Bund „viele Milliarden Euro in die Infrastruktur investieren will“, dafür allerdings den Kommunen Geld für öffentliche Bauaufträge fehle.
Betrachtet man die jeweiligen Gebäudearten, geht daraus hervor, dass die Zahl der Baugenehmigungen für Mehrfamilienhäuser um 1,2 % angestiegen, die für Einfamilienhäuser und Zweifamilienhäuser jedoch um 15,9 % und 10,1 % gesunken ist. Der Rückgang bei den Einfamilienhäusern lässt sich durch das Auslaufen des Baukindergeldes erklären. Gleichermaßen ist der Abwärtstrend bei Modernisierungen beziehungsweise Baumaßnahmen generell bei bestehenden Wohngebäuden zu beobachten (1,7 % weniger als im Vorjahr).
Über erteilte Baugenehmigungen lässt sich auf (geplante) Bauvorhaben schließen – was wirklich davon in die Tat umgesetzt wird, kann an den Baufertigstellungen festgestellt werden. Nicht realisierte Bauvorhaben werden als Bauüberhang bezeichnet. Dieser wächst seit etwa 15 Jahren immer weiter, sodass 2021 der Bau von nahezu 850.000 Wohnungen noch nicht vollständig beendet wurde.
Folgen und Maßnahmen
Der Präsident des GdW, Axel Gedaschko, sieht darin nicht nur eine ernsthafte Bedrohung für bezahlbares Wohnen, sondern auch für das „Klima und den sozialen Frieden“. Energetische Modernisierungen werden nicht in dem geplanten Ausmaß durchgeführt werden können, was einen Nachteil für das Klima darstellt. Gebäude sind für einen beträchtlichen Teil des Energieverbrauchs und der Treibhausemissionen verantwortlich. Demnach wirkt sich der Wohnungsbau auf das Klima aus, da umweltfreundliche und energieeffiziente Gebäude förderlich und wünschenswert sind.
Gedaschko hält folgende Maßnahmen, für deren Umsetzung die Regierung zuständig ist, sinnvoll:
- 1Steuerliche Anreize setzen (Mehrwertsteuersatz im sozialen Wohnungsbau auf 7 % senken)
- 2Mietrecht nicht weiter verschärfen
- 3Auskömmliche und verlässliche Förderung anbieten (längere KfW-Zinskonditionen)
- 4Längere vergünstigte Vermietung bei höheren Förderungen (Förderungsgrundsatz)
- 5Mehr Fachkräfte aus dem Ausland akquirieren, Automatisierung & Robotisierung nutzen
- 6Effektive Rohstoffstrategie durchsetzen
- 7Wohngeld zügig auszahlen, intelligente Klimaschutzmaßnahmen
- 8Grundstücke zügig vergeben (nach Konzeptqualität)
- 9Planungs- und Genehmigungsverfahren stringent digitalisieren
- 10Grunderwerbsteuer-Spirale stoppen, nachhaltige Bodenpolitik einführen
Sozialer Wohnungsbau
Der soziale Wohnungsbau ist ein staatliches Wohnungsbauprogramm, das die Eindämmung/ Beseitigung der Wohnungsnot sowie bezahlbare Wohnungen zum Ziel hat. Dieser soll Menschen mit geringem Einkommen zugutekommen, da preiswerte Mietwohnungen bereitgestellt werden. Im Zuge dessen werden vor allem Haushalte mit Kindern bei der Bildung selbst genutzten Wohneigentums unterstützt.
Obwohl der Bund zusätzliches Geld für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung stellt und die Förderung auf zwei Milliarden Euro erhöht, reiche dies laut Matthias Günther, Leiter des Pestel-Instituts, nicht aus, da dabei die Preissteigerungen nicht genügend berücksichtigt würden. Dies bedeutet, dass bei derselben Summe, weniger neue Sozialwohnungen gebaut werden können.
Die Förderung des sozialen Wohnungsbaus benötige laut Bundesvorsitzenden der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) Robert Feiger bis 2025 50 Milliarden Euro. Daneben gibt es nicht finanzielle Maßnahmen, mit denen es sich einfacher gestalten soll, eine Baugenehmigung zu erhalten. Derzeit behindern teilweise Gesetze und Vorschriften, die sich als besonders kompliziert erweisen, den Neubau.
Fazit
Klar ist, dass die Wohnungsnot dringend behoben werden muss, damit die Mieten bezahlbarer und der Bedarf gedeckt werden kann. Dazu muss der Wohnungsbau deutlich angetrieben werden, damit die Bautätigkeit den Zielen ansatzweise gerecht werden. Zwar ist die Bundesregierung nicht nur aktuell mit vielen Krisen konfrontiert, allerdings wurde ebendiese Problematik schon in den vergangenen Jahren vernachlässigt und kann einkommensschwachen Wohnungssuchenden in kommenden Jahren noch stärker beeinträchtigen.